Rund 50 Prozent der 16- bis 29-Jährigen Personen in der Schweiz zeigen gemäss Studien des Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft nur ein geringes Interesse an Informationsmedien. Doch wie können diese sogenannten «News-Deprivierten» von den Schweizer Medienunternehmen als Nutzerinnen und Nutzer gewonnen werden? Auf Basis von fünf Fakten zum Medienkonsum der Generation Z in der Schweiz können zwei Empfehlungen abgeleitet werden.
1. Smartphone: Das digitale Lagerfeuer der Jungen
Das Smartphone hat den Fernseher als Leitmedium längst abgelöst. Mit seinen Funktionen als Spielkonsole, Videoplattform, Fotoapparat, Musikabspielgerät und weiteren ist es zur Schaltzentrale des täglichen Lebens geworden. Insbesondere junge Menschen verbringen mehrere Stunden pro Tag mit dem Smartphone in der Hand und lassen dort auch einen grossen Teil ihres sozialen (Informations-)Austauschs stattfinden: Das Smartphone ist das digitale Lagerfeuer der Jungen.
2. Social Media: Audiovisuelle Social-Media-Plattformen im Zentrum des Medienkonsums
Einen wesentlichen Teil ihrer Smartphone-Zeit verbringt die Generation Z gemäss Jahrbuch Qualität der Medien 2020 auf audiovisuellen Social-Media-Plattformen wie TikTok, Instagram, YouTube und Spotify, um sich zu unterhalten oder zu informieren. Auch Google dient oft als primäre Informationsquelle, während die klassischen Nachrichtenkanäle wie TV, Radio und Print von den Jungen seltener genutzt werden.
3. Medienkonvergenz: TV, Radio und Online verschmelzen
Die verschiedenen Medien verschmelzen sowohl technisch als auch inhaltlich zunehmend miteinander. Der Streaming-Dienstleister Netflix kann auf Smart-TV, Spielkonsolen, Computers, Tablets, Smartphones und weiteren Devices geschaut werden. Das Pendlermedium 20 Minuten – ursprünglich eine Printzeitung – baut ihr digitales Angebot mit Video und Audio-Formaten wie der neuen News-Sendung «20 Minuten NOW!» deutlich aus. Die SRG mit ihrer starken Stellung im Bereich TV und Radio erweitert ihr Angebot in Richtung Online. Im November 2020 lancierte sie zudem ihre Streamingplattform «Play Suisse», während Netflix in Frankreich das klassische Fernsehgeschäft kopiert und ein lineares Programm testet.
4. Medienemergenz: Der Medienkonsum der Jungen wird emergenter
Nutzerinnen und Nutzer steuern immer weniger direkt Medienplattformen an, sondern lassen sich auf Social Media oder anderen Plattformen Nachrichten nach ihren Interessen bündeln oder stossen dort zufällig darauf. Dieses Muster des Medienkonsums mit über einem Drittel bei der Generation Z am stärksten ausgeprägt. Die Bindung wird dadurch für Medienmarken immer schwieriger.
5. Die Lebenswelt der Generation Z: Interessen, Identifikation, Emotionalisierung
Die Generation Z will sich mit Themen identifizieren können. Zum Thema «Black Lives Matter» beispielsweise verfasste das Social Media Team von 20 Minuten 25 Posts, die allesamt auf grosse Resonanz stiessen. Die Generation Z informiert sich über Themen, die den persönlichen Interessen entsprechen, ihre Wertvorstellung widerspiegeln und sie auf der emotionalen Ebene ansprechen.
Basierend auf diesen fünf Fakten zum Medienkonsum der Generation Z lassen sich zwei Empfehlungen ableiten.

I. Distribution 2.0: Distribution muss mehr Gewicht haben
Schlüsselfrage: Auf welchen Kanälen / Plattformen distribuiere ich welche Inhalte, um damit auch die junge Zielgruppe zu erreichen?
Medienunternehmen wollen Nutzerinnen und Nutzer an ihre Plattform binden. Doch gegen die internationalen Plattformen wie Google, Facebook, Apple, Spotify und Netflix anzutreten, dürfte ein verlorener Kraftakt sein. Medienunternehmen, sollten daher auf neue Distributionskanäle setzen, um ihre Inhalte zu den Jungen zu bringen. Die News müssten dort zu finden sein, wo sich die junge Zielgruppe aufhält, also auf den mobile-optimierten, audiovisuelle Social-Media-Plattformen. Die grosse Herausforderung für Medienunternehmen ist dabei die im Vergleich mit den eigenen Kanälen deutlich schlechtere Monetarisierung auf Social Media. Trotzdem müssen neue Distributionsmöglichkeiten wie Instagram, TikTok, Twitch, Spotify, YouTube etc. sinnvoll genutzt werden.
II. Storytelling 2.0: Medienunternehmen müssen Geschichten anders erzählen
Schlüsselfrage: Wie erzähle ich welche Geschichte für die junge Zielgruppe?
Kommt der Höhepunkt einer Geschichte nicht in der ersten Sekunde oder auf der ersten Zeile, scrollen junge Nutzerinnen und Nutzer direkt weiter. Am besten spricht die Generation Z auf packende, audiovisuelle Inhalte an. Interesse für Hintergrundinformationen kann auch mit Memes geweckt werden. Die Geschichten erhalten deutlich mehr Aufmerksamkeit, wenn sie auf den entsprechenden Distributionskanal massgeschneidert werden, denn jede Plattform verfügt über einen eigenen Charakter und wird aus anderen Gründen von den Nutzerinnen und Nutzern besucht. Junge Menschen haben zudem eine Aversion gegenüber schulmeisterlichen Inhalten. Es lohnt sich daher für Medienunternehmen, Personen zu etablieren, welche Geschichten auf Augenhöhe mit der jungen Zielgruppe erzählen und mit ihr interagieren. So gehören beispielsweise im Social Media Team von 20 Minuten sämtliche Mitarbeiter selbst den Generationen Z und Y an. Thematisch finden die Inhalte den grössten Anklang, welche den persönlichen Interessen der Jungen entsprechen, ihre Wertvorstellungen widerspiegeln und sie auf einer emotionalen Ebene ansprechen.
Beide Empfehlungen sind nicht neu. Dennoch werden sowohl Distribution als auch Storytelling in Schweizer Medienunternehmen noch nicht mit der notwendigen Konsequenz angegangen. Ein einfaches Rezept dazu gibt es leider nicht. Der Einsatz von mehr Ressourcen dürfte sich aber lohnen. Denn Medien, welche die Generationen Y und Z nicht begeistern können, verlieren die Zukunftsfähigkeit.
Dieser Artikel wurde zuerst am 26. November 2022 auf Horizont.net veröffentlicht.